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Zur Geschichte und Problematik des Landes

 
In Indien herrscht eine stimulierende Aufbruchstimmung, vergleichbar mit der Wirtschaftswunderzeit in Deutschland. Mit rund acht Prozent Wirtschaftswachstum und einem Bruttoinlandsprodukt von 731 Milliarden US-Dollar gehört Indien neben Russland und China zu den drei am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt.

Im Unterschied zu Russland und China hat Indien aber den Vorteil, eine stabile Demokratie zu sein. Das spiegelt sich in einer politisch unabhängigen Medienlandschaft wider. Der gewaltfreie Widerstand gegen die britische Kolonialherrschaft, vor allem unter Mahatma Gandhi, führte 1947 zur demokratischen Unabhängigkeit.

Indien ist ein Land mit erheblichem Entwicklungspotential. Das liegt vor allem an seinem starken Bevölkerungswachstum. Der multi-ethnische Staat ist mit 1,3 Milliarden Einwohnern (2021, geschätzt) das zweit-bevölkerungsreichste Land der Erde. Ein Drittel der Inder ist jünger als 15 Jahre. Der derzeitige hohe Anteil junger Menschen an der Bevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten einen hohen Anteil von Menschen im erwerbsfähigen Alter zur Folge haben. Die in Europa und auch in China befürchtete „Vergreisung“ der Bevölkerung wird in Indien deutlich später beginnen.

Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs gibt es viele Probleme:
  • Immer wieder ausbrechende Kriege zwischen dem islamisch geprägten Pakistan und dem eher hinduistischen Indien stellen ein hohes Risiko dar, da beide Länder über atomare Waffen verfügen.

  • Soziale Spannungen bringt das hinduistische Kastensystem hervor.

  • Die daraus resultierende Ausgrenzung vieler Bevölkerungsgruppen aus bestimmten Berufen bedeutet extreme Armut für zahlreiche Menschen. Die Folge: 44 Prozent der Einwohner – also vier von neun Indern – leben von weniger als einem US-Dollar pro Tag!

  • Kinderarbeit ist leider weit verbreitet. In Indien arbeitet jedes fünfte Kind unter 14 Jahren. Allein rund eine Million Kinder arbeiten als sogenannte Schuldknechte. (Schuldknechtschaft wird in Indien als „bonded labour“ bezeichnet und ist nichts anderes als eine moderne Form der Sklaverei). Jedes dritte „Teppichkind“ ist z. B. ein Schuldknecht.

  • Die Kindersterblichkeit ist hoch. Nach offiziellen Angaben beträgt sie 3,0 %. In Indien sterben jährlich rund zwei Millionen Kinder vor dem fünften Lebensjahr – im Schnitt alle 15 Sekunden ein Kind. Die Hälfte dieser Kinder stirbt bereits im ersten Lebensmonat. Hinzu kommt der sogenannte „Femizid“: Babys, die Mädchen sind, werden in ärmeren Familien manchmal getötet, weil die in der indischen Gesellschaft erwartete Mitgift bei der Verheiratung einfach nicht bezahlt werden kann. Somit fehlen in der Bevölkerung Frauen – der Frauenanteil ist geringer als der Männeranteil, was zu sozialen Spannungen führt und nicht selten zu Vergewaltigungen.

  • Das Land hat mit starker Überbevölkerung, zunehmender Umweltverschmutzung sowie ethnischen und religiösen Konflikten zwischen Hindus, Moslems und Christen zu kämpfen, die immer wieder in brutale Terroranschläge münden.

  • Auch das Gesundheitswesen ist noch mangelhaft. Es gibt zu wenige medizinische Einrichtungen. Schlechte hygienische Bedingungen, wie fehlender Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen sowie Unterernährung verschlimmern die Lage. Seuchen wie Malaria, Tuberkulose und Cholera stellen immer noch ein großes Problem dar.

  • Hinzu kommen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Taifuns und Dürren, die ebenfalls viele Menschen ins Elend stürzen.
So steht Indien trotz aller wirtschaftlichen Euphorie vor gewaltigen Herausforderungen, die sicherlich noch viele Jahrzehnte Entwicklungsarbeit in Anspruch nehmen werden.

Bei den Wahlen im Mai 2014 hatte sich die indische Bevölkerung in der größten Demokratie der Welt für einen bahnbrechenden Machtwechsel entschieden. Die Hindu-Nationalisten (BJP) haben mit deutlichem Abstand den Sieg davongetragen. Als neuer Premier zog ihr Anführer Narendra Modi in die Regierung ein. Damit ging eine Ära zu Ende, in der der Gandhi-Clan Jahrzehnte lang an der Spitze der Kongress-Partei über das Land regierte. In den letzten Jahren geriet die Kongress-Partei aber wegen Korruptionsskandalen immer mehr in Verruf.

Der neue Mann, Modi, wurde zu Anfang seiner Regierungszeit bejubelt, aber auch gefürchtet. Er hatte den Aufstieg vom Teeverkäufer zum wirtschaftsfreundlichen Spitzenpolitiker geschafft, fing seine politische Karriere aber bei einer rechtsextremen Hindu-Organisation an. Seine Abneigung gegenüber dem Islam hat er nie verborgen, seine diesbezügliche Rhetorik milderte er erst im Wahlkampf etwas ab. Während seiner Regierungszeit im Bundesstaat Gujarat kam es 2002 zu religiös motivierten Gewalttaten. Über Tausend Menschen, die meisten Muslime, kamen dabei ums Leben. Modis Rolle in den Pogromen wurde nie untersucht.

2019 konnte Modi erneut den Wahlsieg für sich beanspruchen und damit eine zweite Amtszeit sichern. Für Minderheiten in Indien bedeutete das weitere fünf schwere Jahre. Modis Partei, die BJP, erzielte ein noch besseres Ergebnis als bei der Parlamentswahl 2014, bei der sie als erste Partei seit 30 Jahren eine absolute Mehrheit für sich gewinnen konnte. Es war die deutlichste Wiederwahl einer indischen Regierungspartei seit 1971.

Doch in den vergangenen Jahren ließ es sich nicht mehr verleugnen – Modis populistische Politik bewirkte eine tiefe Kluft in dem Land. Unter seiner Regierungsführung brachen immer wieder Unruhen aus. Häufig attackierten fanatische Hindus Minderheiten wie Christen und Muslime, da sie sich durch das Programm der Regierung darin bestätigt sahen.

Schweres Versagen wurde Modi bei der Corona-Pandemie vorgeworfen. Nach einer ersten Welle verhielt sich die Regierung beispiellos überheblich und leistete keine Vorbeugung gegen eine zweite Welle. Religiöse Feste, Wahlkampfveranstaltungen und Cricket-Spiele waren bereits wieder an der Tagesordnung. Von Abstand war keine Rede mehr, und Masken wurden kaum noch getragen. Tausende Tote waren die Folge.

Außerdem steht Modis Wirtschaftspolitik inzwischen in Frage – unter anderem, weil er nicht annähernd die zehn Millionen neuen Arbeitsplätze pro Jahr geschaffen hat, die er zugesagt hatte. Trotzdem hat er das Ansehen eines „Machers“, der die Entwicklung beschleunigt und die Wirtschaft ankurbelt. Indien ist ein Land mit gewaltigem Entwicklungspotenzial, ob das gut gelingt, wird die Zukunft zeigen.