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Nicaragua: Die Frau hinter Daniel Ortega

Meldung vom 09.09.2009

Weil sie nicht zweimal kandidieren dürfen, setzen einige Präsidenten Lateinamerikas einfach ihre Frauen in das Amt ein. Diese haben weitaus mehr Einfluss als man einer „First Lady“ zutrauen würde. In Lateinamerika wird die Familie hoch geschätzt. Wer Entscheidungsgewalt über Einstellungen hat, egal, ob in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst, vergibt einen einflussreichen Posten immer zuerst an seinen Bruder, Cousin, Neffen oder Schwager. Ob der Betreffende dafür qualifiziert ist oder nicht, ist oft unwichtig. Zumeist muss er nicht einmal physisch anwesend sein.

Frauen in Lateinamerika hatten sich früher aufs Kaufen und die Kirche spezialisiert. Kinder und Küche werden in solchen Kreisen von Hausmädchen betreut. In der eher links orientierten Gesellschaftschicht, die Vetternwirtschaft betreibt, hält neuerdings die Emanzipation Einzug: Dort wird nicht mehr nur der männliche Teil des Clans mit guten Ämtern bedacht, sondern ganz bevorzugt die eigene Gattin.

Derzeit kämpft Daniel Ortega in Nicaragua um seine Machtstellung. Dort ist seine direkte Wiederwahl zum Präsidenten nach der derzeit gültigen Verfassung nicht möglich. Aber die Ehefrau wird vorsorglich schon in Position gebracht: Die First Lady Rosario Murillo bekleidet schon jetzt hohe Ämter in der Politik. Sie bestimmt über Sozialprogramme für die Armen. Ihr obliegt die Aufgabe, Gelder zu verteilen und sie macht das gerne höchst persönlich. Das bringt Stimmen für die nächste Wahl.

Murillo, die Gattin Ortegas, wirkt verhärmt und immer missmutig. Mit wilden schwarzen Locken und weiten bunten Röcken aus der Zeit der Landkommunen ist sie eine schillernde Gestalt. Sie gilt als bewandert in geheimen Wissenschaften, dunklen Religionen, Symbolen, Farben und Riten aller Art. Das bereitet vielen Nicaraguanern Sorge. Sie halten ihre First Lady für eine Hexe.

Gatte Ortega dagegen spricht von „ihrer großen spirituellen Kraft“ und überlässt ihr die Kontrolle über seine öffentlichen Auftritte bis hin ins letzte Detail. Das war nicht immer so. Früher, in der ersten Regierungszeit der Sandinisten (1979 bis 1990), konnte man Ortega noch als einen richtigen Macho bezeichnen. In der Klatschpresse wurden ihm viele Liebschaften nachgesagt.

Nachdem in einem Skandal bekannt wurde, dass Murillos älteste Tochter, Zoilamérica Narvaez, ihren Macho-Stiefvater 1998 des sexuellen Missbrauchs anklagte, deckte Murillo ihren Gatten bei ihrer Aussage. Seitdem vollzieht sich ihr unaufhaltsamer Aufstieg. Heute ist sie Leiterin des Sozialkabinetts, Vorsitzende des Rats für Bürgerkommunikation und sie kontrolliert die so genannten Räte der Volksmacht, eine sandinistische Parallelstruktur zu offiziellen Institutionen. Dank dieser Positionen hat sie sämtliche Sozialprogramme, die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung und das Fußvolk der Regierungspartei fest im Griff.

Wenn das Präsidentenpaar gemeinsam auftritt, geht sie in der Regel voran. Er sagt, sie verfüge über fünfzig Prozent der Macht. Kaum einer in Nicaragua hegt daran Zweifel, dass sie sich 2011 um die Nachfolge des Präsidentengatten bewerben wird. Es sei denn, Ortega gelingt es, das Verbot der direkten Wiederwahl aus der Verfassung zu entfernen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de