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Indien: Obama bringt zum Galadiner mit Merkel indische Literatur mit

 
Meldung vom 09.06.2011

Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde von der USA mit der Freiheitsmedaille ausgezeichnet. Bei einem mehrtägigen Staatsempfang und einem festlichen Essen gab es viel Raum für gemeinsamen Austausch und Wertschätzungen zwischen Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama. Zu einem Abendessen nahm Obama den indischen Bestseller „Der Weiße Tiger“ mit.

Obama lobte in einer gemeinsamen Pressekonferenz Deutschland als „Schlüssel“ für die weltweiten Ziele der USA. Für Kanzlerin Merkel nahm er sich bei deren Amerikabesuch besonders viel Zeit. Doch eine scheinbare Nebensache offenbart, wie die globalen Machtverhältnisse stehen.

Vielleicht wollte der US-Präsident mit der Bundeskanzlerin nur über seine aktuelle Lektüre reden. Aber vielleicht liefert das Buch, das Obama nach dem gestrigen Abendessen mit Merkel in den Händen hielt, einen kleinen Einblick hinter die Kulissen der pompös gefeierten Ehrung der deutschen Kanzlerin: Für die Europäer ist Obama voll des Lobes, in Gedanken aber hat er sich längst den aufstrebenden Weltmächten von morgen zugewandt.

Denn beim Verlassen des exklusiven Restaurants „1789“ im Washingtoner Nobelbezirk Georgetown hielt Obama den Roman „Der Weiße Tiger“ in der Hand. Das wäre eigentlich nebensächlich – wäre das Buch von Aravind Adiga nicht ausgerechnet ein Schlüsselroman für das boomende Indien des 21. Jahrhunderts.

Der indisch-amerikanische Journalist und Autor Adiga befasst sich darin mit der unbarmherzigen Realität hinter dem Aufstieg seiner Heimat. Von Bollywood-Zauber findet sich in dem Roman nichts: Adiga erzählt die Karriere des Dorfjungen Balram Halwai als brutalen Überlebenskampf in einer kaltherzigen, ultra-kapitalistischen Ausbeutergesellschaft; in einem Land, in dem Millionen Diener einer kleinen Elite gehorchen müssen, in dem Arme und Reiche direkt beieinander wohnen und doch durch eine unüberwindbare Mauer voneinander getrennt sind. Es wird nicht das Bild eines Indien der Demokratie, des Optimismus und der meditativen Gelassenheit entworfen, sondern das Indien der Korruption, der Dekadenz und der sozialen Ungerechtigkeit.

Viele indische Kritiker empörten sich über das Buch: Übertrieben sei Adigas Buch, einseitig, einfach fehlerhaft. Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik bewertet Adigas Schilderungen dagegen nüchtern. „Der Roman zeichnet einfach ein Bild des Landes, das im starken Gegensatz zum aktuellen Indien-Hype steht.“

Zwar habe das Land einen enormen Aufstieg verzeichnet seit seiner wirtschaftlichen Öffnung in den 90er Jahren. „Die Mehrheit der Bevölkerung hat an den Früchten dieses Aufstiegs aber bisher keinen Anteil“, sagt Wagner. Eine kleine Mittelschicht profitiert, der Großteil der Menschen habe aber bis heute gerade einmal 2 US-Dollar am Tag zur Verfügung. Dennoch ist es eine Tatsache, dass trotz aller Kritikpunkte Indien einer der wichtigen globalen Partner sei.

„Ein bisschen bin ich ja schon enttäuscht von der Buchauswahl des Präsidenten“, gibt die indisch-stämmige Politikwissenschaftlerin Jivanta Schöttli vom Südasien-Insititut der Universität Heidelberg zu. An Adigas Buch sei die einseitige Themenauswahl zu beanstanden und außerdem sei es sprachlich zu aggressiv. „Indien ist ein Land mit einer Milliarde Menschen und negative Aspekte findet man in jeder Gesellschaft.“ Und sie fügte hinzu: „Ich hoffe nur, er liest auch einige der anderen neueren Bücher, die über Indien geschrieben wurden.“

Wie und warum Obama das Buch gestern in den Händen hielt, blieb unkommentiert. Es war jedenfalls kein Gastgeschenk von Merkel. Auch der Pressestab des Weißen Hauses war auf Anfrage ratlos. Dass der PR-Profi Obama den Roman jedoch zufällig beim Treffen mit Merkel mit sich führte, ist eher unwahrscheinlich. Obama mag Symbolik: Schon das Restaurant „1789“, in das sich die beiden Regierungschefs setzten, ruft das Jahr in Erinnerung, in dem die amerikanische Verfassung in Kraft trat. Dass 200 Jahre später die Mauer in Deutschland fiel, harmoniert wiederum mit dem Besuch Merkels.

„Aufgewachsen im kommunistischen Ostdeutschland, träumte Angela Merkel von Freiheit“, wusste Obama zu sagen, als er Merkel mit der Freiheitsmedaille ehrte. „Und als die Mauer endlich fiel und Deutschland sich wiedervereinigte, durchbrach sie selbst Barrieren und wurde die erste Ostdeutsche und die erste Frau als Kanzlerin Deutschlands.“

Doch bedingungslos ist die Vergabe der Freiheitsmedaille nicht: Obama machte deutlich, dass die USA sich bei den militärischen Einsätzen in Libyen und Afghanistan mehr Einsatz aus Berlin wünschen. Im diplomatischen Ton ergänzt Obama im „Tagesspiegel“-Gespräch: Zu allem, was die USA weltweit anstrebten, sei „Deutschland der Schlüssel“. Die Lektürewahl des US-Präsidenten legt die Vermutung nahe, dass er noch an ein paar Zweitschlüsseln arbeitet.






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „n-tv“, n-tv.de

Schlagwörter: Indien, Barack Obama, Angela Merkel, Der Weiße Tiger, Freiheitsmedaille, Washington, Aravind Adiga, Lektüre, Bollywood, Elite, Witschaftsboom, Amerikareise