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Nicaragua: Staatschef Ortegas Manöver ins Abseits

Meldung vom 02.07.2008

Eineinhalb Jahre nach seiner zweiten Wahl in Nicaragua häuft sich Präsident Daniel Ortega immer mehr Schwierigkeiten auf. Im Land werden Proteste laut. Die europäischen Geldgeber fordern demokratische Spielregeln. Ortega reagiert darauf mit groben Beschimpfungen. Er baut dabei auf die sozialistische Bruderhilfe von Hugo Chavez.

„Schmeissfliegen“ seien sie, „Kolonialisten“ und außerdem „Invasoren“, schimpfte Ortega vor zehn Tagen, und meint damit die Geldgeber aus Europa. Die groben Beschimpfungen des ehemaligen Guerillakämpfers endeten mit dem Fazit: „Sie nehmen sich wieder einmal das Recht, uns zu kritisieren, nur weil sie uns ein paar Kleinigkeiten geben – was sie dann Hilfe nennen.“

Seit dieser Rede befindet sich Nicaragua in heller Aufregung. Linke und rechte Oppositionspolitiker senden an die europäischen Diplomaten Entschuldigungsschreiben für ihren Präsidenten: sie vermuten, er sei geisteskrank. Die Medien prognostizieren düstere Untergangsszenarien für Nicaragua. Denn darüber sind sich die Ökonomen einig: Sollten sich Europas Entwicklungshelfer nach diesem Manöver Ortegas zurückziehen, ist das Land pleite.

Die „Kleinigkeiten“, so Ortegas Worte, belaufen sich auf mehr als 500 Millionen US-Dollar. Diese Gelder erhält das verarmte mittelamerikanische Land jährlich an staatlicher Entwicklungshilfe. Das macht ein Drittel des nicaraguanischen Staatsbudgets aus.

Die Hilfe aus Europa ist an Bedingungen geknüpft, die auch die Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien umfassen. Seit Ortega Anfang 2007 an die Macht zurückkehrte, wächst darum bei einigen Gebern die Besorgnis über dessen zunehmend autoritären Kurs.

Die Besorgnis ist nicht unbegründet: Die Wahlbehörde und die Justiz, beide unter Kontrolle von Ortegas sandinistischer Partei, verschoben die anstehenden Gemeindewahlen in den Bezirken, in denen eine Niederlage der sandinistischen Kandidaten drohte. Schließlich entzog die nicaraguanische Wahlbehörde am 11. Juni zwei Oppositionsparteien, den Konservativen und der Sandinistischen Erneuerungsbewegung, die Rechtspersönlichkeit. Beide Parteien können damit nicht bei den Kommunalwahlen im November und bei der Präsidentschaftswahl 2012 antreten.

Mehrere tausend Menschen demonstrierten am vergangenen Freitag in Managua gegen Ortegas Regierung. „Nein zur Diktatur“, lautete ihr Motto. Das „Parteienverbot“ ging auch den Geberländern zu weit. In einer gemeinsamen Erklärung teilten die europäischen Geber in Managua am 20. Juni ihre „schwere Besorgnis“ über die „Reduktion demokratischer Freiräume“ mit.

Grund für Ortegas Gleichgültigkeit den Geberländern gegenüber sei die Tatsache, dass der einstige Revolutionär einen neuen Geldgeber gefunden habe, Venezuelas Präsident Hugo Chavez. Der Vorreiter des „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ unterstützt Nicaragua mit verbilligtem Öl und anderen Leistungen. Allerdings gelangen diese Vergünstigungen nicht an das Volk. Denn die Gewinne aus dem Ölgeschäft lassen sich nirgends in Nicaraguas Staatshaushalt finden.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: espace.ch