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Äthiopien: Getreidepreise steigen um 35 Prozent

Meldung vom 06.09.2012

Die globalen Dürren treiben schon jetzt die Getreidepreise in aller Welt in die Höhe. In Äthiopien freut der Anstieg der Getreidepreise die Landwirte, doch für die Menschen werden die Grundnahrungsmittel immer teurer.

Die Ernteausfälle in den USA lassen die Weltmarktpreise für Getreide explodieren. In den Entwicklungsländern könnte dies bald Hungerrevolten auslösen. In Äthiopien hat sich zwar in den vergangenen Jahren einiges verbessert, aber trotzdem weiß noch niemand, wie hart die erneute Nahrungsmittelkrise die arme Bevölkerung treffen wird.

Ayichulu Modjos gehört zu einer geringen Erfolgsschicht in Äthiopien. Seine Ernte mit den kräftigen Maispflanzen fällt gut aus in diesem Jahr. Vorgestern fiel zuletzt Regen, heute scheint die Sonne bei 25 Grad vom leicht bewölkten Himmel. Der Mais auf dem Feld im äthiopischen Mojo wächst zusehends – eine Ausnahme in Äthiopien, in dem viele Regionen von häufigen Dürren heimgesucht werden.

Im Fernsehen hat der Landwirt die Bilder vom vertrocknenden Mais in den USA verfolgt. „Oft hatten wir nicht genug, und die Amerikaner hatten viel mehr, als sie essen konnten. Wie kann es sein, dass in einem so großen, modernen und reichen Land die Ernte vertrocknet“, wundert sich der Bauer.

Eine monatelange Dürre hat derzeit mehr als 80 Prozent der US-amerikanischen Mais- und Weizenanbaugebiete beschädigt; Experten sind in Sorge, dass die Farmer, die mittlerweile rund 40 Prozent ihrer Maisernte in die Bioethanol-Erzeugung abführen, nur halb so viel wie in durchschnittlichen Jahren ernten werden. Normalerweise beliefern die USA knapp ein Fünftel des Weltmarktes mit Getreide, die Ernteausfälle im größten Erzeugerland lassen derzeit die Weltmarktpreise für Agrarrohstoffe explodieren.

Bei den Verbrauchern in den reichen Ländern kommen solche Börsenpreisschwankungen meist nur geringfügig an, doch in Entwicklungsländern, in denen vielen Menschen bis zu zwei Drittel ihres Einkommens für Nahrungsmittel investieren müssen, sind die Preissteigerungen sofort schmerzlich spürbar.

Der staatlich ausgezeichnete äthiopische Vorzeigebauer Ayichulu Modjo, der 20 Rinder, fünf Esel und ein Motorrad sein eigen nennt und von einer Entwicklungshilfeorganisation aus den USA regelmäßig Schulungen in moderner Landwirtschaft und Lagerhaltung erhält, profitiert dagegen davon. Im vergangenen Jahr veräußerte er 100 Kilo der äthiopischen Hirseart Teff für umgerechnet 50 Euro, in diesem Jahr erzielt er dafür über 70 Euro. Eine Preissteigerung von über 35 Prozent.

Modjos Mehreinkünfte durch die steigenden Lebensmittelpreise werden wegen des gleichen Phänomens allerdings gleich wieder aufgefressen. „Ich habe sieben Kinder, vier von ihnen studieren. Sie rufen fast jeden Morgen an und sagen, dass sie mehr Geld brauchen, weil sie sich das teure Essen in der Stadt nicht mehr leisten können“, erklärt der Familienvater. Nach seinen Angaben müssen seine Töchter und Söhne mittlerweile umgerechnet acht Cent für ein kleines Brot bezahlen, vor einem Jahr waren es keine fünf.

Für „Injera“, die landestypischen Sauerteigfladen mit Linsensoße, müssen sie jetzt 1,55 Euro ausgeben, vor einem Jahr waren es noch rund 65 Cent. Modjo kann es sich noch leisten, seinen Kindern wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten mehr Geld zu geben, – viele Väter oder Mütter in Entwicklungsländern sind dazu jedoch nicht mehr in der Lage. Experten gehen davon aus, dass der gestiegene Weltmarktpreis bereits wie vor vier Jahren Hungerrevolten auslösen wird.

Um nicht so sehr von den Schwankungen auf dem Weltmarkt abhängig zu sein, ermahnen Agrarökonomen die Entwicklungsländer seit Jahren, mehr eigene Vorräte anzulegen. In Äthiopien wurde die Lagerhaltung seit der verheerenden Dürre, bei der 1984/85 mehr als eine Million Menschen starben, deutlich ausgebaut. Dennoch sind die Zahlen auch heute noch bedenklich: „Hier sind nach wie vor Millionen Menschen von Lebensmittelimporten abhängig. Solange das so ist, werden Schwankungen auf dem Weltmarkt auch Auswirkungen auf die Preise in Äthiopien haben“, sagt ein Experte der Regierung in Addis Abeba, der anonym bleiben will.

Der kürzlich verstorbene Premierminister Meles Zenawi hatte vor zwei Jahren seinen Beschluss mitgeteilt, dass Äthiopien spätestens in fünf Jahren unabhängig von ausländischen Lebensmittellieferungen sein werde. Internationale Beobachter meinen jedoch, dass das Versprechen nicht realistisch ist.




Quelle: „Neues Deutschland“, www.neues-deutschland.de

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