Unser Service für Sie


 [ » Newsletter ]

[ » zum Kontakt-Formular ]

[ » Material bestellen ]

[ » Geschenke bestellen ]



Videos aus unseren Projekten finden Sie auf unserem Youtube-Kanal.
[ » Gebende Hände – Youtube-Kanal ]


Afghanistan: Fußball für Frieden

Meldung vom 19.10.2012

Unter den schwierigsten Bedingungen bauen die Afghanen derzeit Fußballmannschaften auf. Der wiederbelebte Sport soll für Frieden sorgen und den großen Hunger nach Unterhaltung der Menschen stillen. Ein gutes Projekt – doch die Umsetzung in den verrotteten Stadien bei extremen Temperaturen ist nicht einfach. Erstmals messen sich jetzt Mannschaften in Afghanistans Profiliga. Es gilt, einen Titel zu erringen – die Spiele sind dabei aber weit mehr als nur sportlicher Wettbewerb.

Früher wurden im Ghazi-Stadion in Kabul Hinrichtungen abgehalten, bis vor elf Jahren ließen die Taliban dort Abtrünnigen die Gliedmaßen abhacken. Seit wenigen Wochen hört man in dem Bezirk der afghanischen Hauptstadt nun Jubelgeschrei, es wird geklatscht, getanzt, gefeiert und lautstark angefeuert. Das ist die normalen Geräuschekulisse beim Fußball.

Im Afghanistan Football Federation Stadium, das nur wenige hundert Meter entfernt vom weltbekannten Ghazi-Stadion liegt, spielt die Fußballprofiliga ihr erstes Turnier. Tausende Zuschauer beobachten die Spiele seit Mitte September: im Fernsehen, im Radio, vor Ort. „Die Stimmung ist einmalig“, freut sich Shafic Ghawhari, Manager der Roshan Afghan Premier League (APL). „Die Menschen sind hungrig nach Unterhaltung.“

Fußball biete den Menschen Abwechslung im Kriegsalltag – und trage zum Frieden des Landes bei. Frieden und Stabilität sind nicht immer nur Sache des Militärs, sagt Saranwal Ikram, der Präsident des afghanischen Fußballverbandes AFF. Der Sport sei das beste Mittel, Frieden herzustellen.

Die erste Profiliga des Landes besteht aus acht Teams aus acht Regionen. Sie haben sich poetische Namen zugelegt wie „Adler Hindukusch“, „Falken Asmayee“ oder die „Schwäne Alborz“ und sind mittlerweile im ganzen Land populär, allein wegen ihrer öffentlichen Nominierung: Ein Teil der Spieler wurde in einer Castingshow im Fernsehen angeworben. Die Sendung „Maidan e-Sabz“ („Das grüne Feld“) wurde seit Anfang Juli im Fernsehen ausgestrahlt, eine Art „Afghanistan sucht den Superfußballspieler“. Per SMS oder Anruf konnten die Zuschauer je drei von 21 Spielern pro Team auswählen, die sich in körperlichen und mentalen Tests am besten erwiesen hatten.

Die demokratisch transparente Auswahl kam gut an in einem Land, in dem Korruption und Vetternwirtschaft zum Alltag gehören. „Wir haben es geschafft, keinen einzigen Spieler wegen seiner Beziehungen zu irgendwelchen einflussreichen Leuten aufzunehmen“, sagt Ligamanager Ghawhari. „Druck von außen wurde immer abgeblockt.“ Mehr als 20.000 Männer hätten sich zur Wahl gestellt.

So viel Fußball gab es nie in Afghanistan, obwohl er seit den 70er-Jahren der Sport Nummer eins im Land ist. Die islamische Republik unterhielt seit 1933 einen eigenen Fußballverband. In der Zeit der sowjetischen Besatzung von 1979 bis 1989 ging der Sport aber zugrunde. Unter der Herrschaft der Taliban war Fußball dann als eine von wenigen Sportarten gestattet – „natürlich nur für Männer“, betont Shafic Ghawhari, „und die durften nur mit langen Hosen, Kopfbedeckung und Bart spielen“.

Derzeit hat sich das Team nur auf Platz 166 der Rangliste des Weltverbandes Fifa etabliert. Das hat natürlich viele Gründe. Wetter und Infrastruktur beeinträchtigen den Spielbetrieb stark. Im afghanischen Winter ist es zu kalt, im Sommer zu heiß für Fußball. Da bleiben fast nur die Monate April, Mai, September und Oktober. Noch einschränkender ist der Zustand der Stadien: Oft sind die Tribünen verrottet, die Toiletten defekt, die Notausgänge nicht vorhanden. In manchen Regionen sucht man vergeblich nach einem Spielfeld. Zudem können die Teams nicht mal eben in einem Bus von Kandahar nach Kundus reisen – das nimmt Stunden auf den Straßen genannten Schotterpisten in Anspruch. Hinzu kommt das ständige Risiko von Anschlägen.

„Wir wollen durch den Sport das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Stämme in diesem Land fördern“, entgegnet Shafic Ghawhari allen Widerständen zum Trotz. Afghanistans Jugend soll Werte wie Toleranz, Respekt und Geduld vorgeführt bekommen. Darin sieht Shafic Ghawhari seine Hauptaufgabe. Die Spieler, im Schnitt 22 Jahre alt, hätten eine Kindheit in Flüchtlingslagern oder im Krieg gehabt. Jetzt müssten sie als Vorbilder für ein ganzes Land ihren Mann stehen. „Ich habe den Jungs klargemacht, dass jede ihrer Bewegungen jetzt national beobachtet wird, weil alle Partien live im Fernsehen übertragen werden“, erklärt der Ligamanager.

Nach vier Wochen im Amt ist er verwundert, wie sehr die Spieler die Regeln verinnerlicht haben. „Wenn ungerecht gepfiffen wird, sind sie schon wütend, aber sie schlucken den Ärger runter und beleidigen nicht den Schiedsrichter“, meint Ghawhari. „Auch wenn sie in der letzten Minute der Verlängerung verlieren, verabschieden sie sich trotzdem freundlich vom Gegner.“ In westlichen Ländern stelle das vielleicht keine Besonderheit dar, „bei uns ist es bemerkenswert“.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Welt Online“, welt.de

Schlagwörter: Afghanistan, Fußball, Frieden, Fußballmannschaften, Profiliga, Ghazi-Stadion, Krieg, Unterhaltung, Abwechslung, Turnier, Jugend, Werte, Toleranz, Respekt, Geduld, Vorbilder, Regeln, Schiedsrichter, Taliban, FIFA, Stämme, Zusammenleben, Sport