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Rebellenchef Kony verhandelt über Frieden in Norduganda

Meldung vom 25.08.2006

Im Norden Ugandas gibt es erstmals nach 20 Jahren Friedenshoffnung. Joseph Kony, Anführer der Lord’s Resistance Army (LRA), lässt im südsudanesischen Juba über ein Ende des Bürgerkriegs verhandeln.

Erstmals wagt Kony sich in diesen Tagen aus dem Busch, trifft in seinem Hauptquartier im Garamba-Nationalpark im Nordosten Kongos Politiker der Gegenseite.

Jahrelang galt Kony als Phantom. Es existierten keine Fotos vom Chef der Holy-Spirit-Bewegung, niemand außer seinen Rebellen hatte ihn persönlich gesehen. Seine politischen Ziele blieben unklar. Er wolle, dass Uganda nach den biblischen Zehn Geboten regiert werde, ließ Kony verlauten. Dann gab das „Sprachrohr des Heiligen Geistes“ Ende Juni sein erstes Interview. Seitdem wiederholt er, dass er die ihm zur Last gelegten Verbrechen nicht begangen habe. Die LRA habe lediglich die Regierungsarmee UPDF bekämpft, um die Rechte des Volkes der Acholi zu sichern.

Doch Kony hat seit 1987 rund 25.000 Kinder der Acholi entführen lassen. Seine Rebellen schnitten vielen ihrer Opfer Lippen und Nasen ab, sie vergewaltigten Mädchen und massakrierten wehrlose Frauen, indem sie ihnen die Vagina aufschlitzten. Rund 1,8 Millionen Menschen in Norduganda leben in Flüchtlingscamps. Kony und seine Stellvertreter werden vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag mit Haftbefehl gesucht.

Nun hat Ugandas Regierung Kony dennoch Amnestie angeboten für den Fall, dass er den Kampf aufgibt. Zugleich kündigte die Armee an, sie werde ohne Rücksicht auf Völkerrechtsschranken in den Kongo eindringen und Kony dort angreifen, wenn es bis zum 12. September kein Friedensabkommen gibt.

Dass der Rebellenchef den Kopf aus dem Busch streckt, scheint mit seiner militärischen Schwäche erklärbar zu sein. Amnestierte Mitkämpfer in Gulu sagen, der Nachschub an Waffen, Medikamenten und Nahrung durch die sudanesische Regierung in Khartum sei weitgehend versiegt. Andere Informanten behaupten, dass dies nicht stimme. Tatsächlich verfügt Uganda seit jüngster Zeit jedoch über moderne Hubschrauber und hat damit eine bessere Kontrolle über die Bewegung der Rebellen. Die Bevölkerung ist kriegsmüde und zusammengepfercht in Lagern, so dass sie ihre Äcker nicht mehr bestellen kann und den Rebellen kaum mehr Vieh und Ernten zum Plündern bleiben.

„Kony hat wahnsinnige Angst, wie Liberias ehemaliger Diktator Charles Taylor nach Den Haag ausgeliefert zu werden“, sagt der Verwaltungschef des Distriks Gulu, Walter Ochora. Er traf Kony kürzlich im Kongo und übernachtete in seinem Lager – eine vertrauensbildende Maßnahme. Ochora ist ein enger Vertrauter des ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni und kämpfte lange Jahre gegen die LRA. „Wir saßen die ganze Nacht am Lagerfeuer und rissen Scherze“, beschreibt er das absurde Treffen mit dem Erzfeind.

Nach vagen Schätzungen verfügt Kony noch über rund 8.000 Kämpfer. 5.000 davon sollen sein Hauptquartier in Garamba schützen, 2.500 operieren in Uganda und rund 500 in Südsudan. An der Zahl gestohlenen und geschlachteten Viehs können die Acholi-Ältesten abschätzen, wieviele Rebellen sich in ihrem Umfeld bewegen.

Die südsudanesische Regierung hat die Friedensgespräche von Juba eingefädelt. Sie hat großes Interesse daran, die Bedrohung durch die LRA zu beseitigen und drohte Kony mit seiner Vernichtung, falls er nicht verhandeln wolle. Und obwohl Konys dritter Mann, Generalmajor Raska Lukwiya, kürzlich von der UPDF nahe Kitgum in Norduganda erschossen wurde, bleibt Kony verhandlungsbereit. Selbst die Forderung nach beidseitigem Waffenstillstand ließ er fallen. Seit mehreren Wochen gab es keine größeren Attacken der LRA mehr. Deshalb wagen sich mehr Bauern auf die Felder im Umfeld der elenden Flüchtlingscamps. Anfang August gab es sogar Friedensfeiern in Gulu: Autokorsos, Musik, Demonstrationen.

Doch wie lange währt die Hoffnung? Vieles deutet darauf hin, dass die Friedensgespräche eine groß angelegte Täuschung sind, die das Ziel haben, Kony aus der Reserve zu locken. Sein Aufenthaltsort ist bekannt und über sein Satelliten-Handy leicht zu orten. Nach Angaben aus Kirchenkreisen im Kongo machten sich inzwischen Truppen der Befreiungsbewegung MLC des kongolesischen Vizepräsidenten Jean-Pierre Bemba auf den Weg in den Garamba-Nationalpark. Von Osten her rückt die UPDF vor. Von Süden sind Angriffe durch die UN-Mission im Kongo, Monuc, möglich, obwohl deren Sprecher ein Vorgehen gegen Kony dementieren.

Glauben kann man keiner Quelle. Und selbst wenn Kony gefangen oder getötet werden sollte, wer garantiert, dass auch seine Heilig-Geist-Bewegung den Geist aufgibt? Viele seiner Einheiten operieren längst unabhängig von ihm, die LRA ist keine homogene Bewegung. Ugandas Norden steht noch ein langer Weg zum Frieden bevor.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Berliner Zeitung“, berliner-zeitung.de