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Mexiko: Vom Krieg zur Musik – Von der Waffe zur Querflöte

Meldung vom 09.04.2014

Immer wieder leisten Künstler einen Beitrag zur Friedenssicherung in ihrem jeweiligen Land. In Mexiko hat sich der Künstler Pedro Reyes durch ein eigenwilliges Projekt einen Namen gemacht. Er verleiht Pistolen, Sturmgewehren und Revolvern eine neue Identität: Waffen, die das Militär im mexikanischen Drogenkrieg beschlagnahmte, schmelzt er um in Gitarren, Geigen oder Xylophone.

Zerstückelt in ihre Einzelteile liegen sie auf dem Boden des Ateliers. Allein die Neonleuchten machen ein leises Geräusch in der Werkstatt, sonst ist es still. Fast kann man sie reden hören, die Waffen: Geschichten von Tod und Schmerz, Drogenkrieg und Gewalt. 6.700 Stück haben ihren Weg in Reyes’ Atelier gefunden.

„Todesagenten“ bezeichnet sie der mexikanische Künstler – bis zu ihrer Metamorphose. „Die Musik reinigt das Metall von seinen schlechten Schwingungen“, meint er, und sein Finger dreht an einem Kugellager.

Im Proberaum berührt der Musiker Guillermo Oliva zum ersten Mal vorsichtig, fast ehrfürchtig die die Saiten eines Cellos, das aus einer Waffe geschmiedet wurde. In ein paar Wochen treten er und seine Freunde in einer Konzertreihe in Mexiko-Stadt auf. Das E-Cello drückt mit großem Gewicht gegen seine Brust; aus mit Maschinenpistolen verschlungenen Magazinen besteht der dreieckige Klangkörper. Oliva hält die Augen geschlossen, während seine Finger über das Instrument fahren. Der Cellist ist überrascht: „Ich bin es gewohnt, auf delikaten, feinen Instrumenten zu spielen. Zu hören, dass dieses grobe Ding dieselben Töne erzeugen kann, ist wirklich erstaunlich.“

Die Geschichte des Mannes, der aus todbringendem Stahl Musikinstrumente fertigt, fängt im Jahr 2012 an. Damals wurde Reyes von der Regierung angerufen: Sie hätten von einem seiner früheren Projekte gehört, bei dem er Waffen einschmolz, zu Schaufeln umfunktionierte und mit diesen Bäume in aller Welt pflanzte. Nun gehe die Regierung dazu über, die konfiszierten Waffen in Ciudad Juárez öffentlich zu vernichten. Reyes wurde das Altmetall für ein neues Projekt angeboten.

Der Bildhauer willigte ein. Reyes schuf 50 Schallskulpturen. „Es ist, als ob du einen Teil ausmeißelst, und zurück bleibt etwas völlig Neues.“ Es entstehen Querflöten und Xylophone aus den Läufen von AK-47-Sturmgewehren, E-Gitarren aus Magazinen, Violinen aus Revolvern.

Tagelang verschwand Reyes mit dem befreundeten Musiker Edi Kistler in der Werkstatt und kreierte völlig neue Konstellationen. Er meißelte, hämmerte und schlug die Waffenteile gegeneinander. Er formte sie, ordnete sie und schuf für Laute Noten. Das Resultat war „Disarm“ (Entwaffnung), mechanisierte musikalische Phantasiekreationen: dreifächrige Harfen, Pianos aus Gewehrläufen, Windspiele aus Kugellagern.

„Wie kann es sein, dass Mexiko die schlechte Presse für all die Gewalt bekommt, aber alle diese Waffen aus den USA, Russland oder Deutschland stammen?“, bemerkt Reyes. Waffenhersteller tragen für ihn mindestens eine genauso große Mitschuld an der Gewalt wie jedes Drogenkartell. Mit dem Drogenkrieg sind auch die Waffenkäufe in Mexiko rasant gestiegen: Innerhalb der vergangenen sechs Jahre haben sich die Ausgaben mehr als verdreifacht.

Dabei wird in Mexiko der Waffenverkauf genau kontrolliert. Dem Small Arms Survey vom Genfer Graduate Institute zufolge hat in Mexiko offiziell nicht einmal jeder Achte eine Waffe. Doch der illegale Import von dem Waffen-Hersteller Nummer eins, den USA, lässt die Dunkelziffer in Mexiko wachsen. „Gesetz der Angst“ bezeichnet Reyes das Phänomen, das seine Landsleute dazu bewegt, sich einen Revolver zu beschaffen. Damit wiegen sie sich in Sicherheit. „Aber in so einer Welt möchte ich nicht leben“, meint der Künstler, der sich selbst als „Hardcore-Pazifist“ einstuft. Die Instrumente sind seine ganz persönliche Botschaft gegen die Waffen-Industrie und die Gewalt.

Währenddessen trifft sich die Band zur Probe für den großen Auftritt. Fast zärtlich streicht Guillermo Olivo über die Saiten seines Cellos. Erst tönen sie leise, dann wieder quietschen sie schrill. Einst spielten die Waffen „das Lied vom Tod“. „Heute“, so Kistler, „kannst du mit denselben Waffen Wiegenlieder spielen.“ Wenn sie dann ertönen, lauscht Reyes, wie jeder Musiker den Instrumenten seine eigene Persönlichkeit verleiht.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Spiegel Online“, spiegel.de

Schlagwörter: Mexiko, Krieg, Waffen, Drogenkrieg, Künstler, Musikinstrumente, Frieden, Waffenhersteller, Pedro Reyes, Entwaffnung, Konzert, Import, Pazifist, Pazifismus, Musik, Waffenindustrie, Drogenkartelle, Beschlagnahmung