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Indien: Großer Lebensmittelskandal – Nestlé verkauft Nudeln mit hohen Bleiwerten

 
Meldung vom 09.06.2015

Instant-Maggi-Nudeln von der Schweizer Firma Nestlé sind bei den Armen in Indien sehr beliebt, denn sie kosten wenig. Doch das neben Reis und Linsen am häufigsten konsumierte Gericht wird vorerst aus den Regalen geräumt. Der Grund: Derzeit spielt sich in Indien ein Lebensmittelskandal ab. Lebensmittelkontrolleure fanden bei Stichproben heraus, dass die Maggi-Nudeln hohe Bleiwerte aufweisen.

Mütter, die wenig Zeit zum Kochen haben, müssen sich jetzt etwas Neues einfallen lassen, wenn sie ihre Kinder tagsüber versorgen wollen. Denn das neben Reis und Linsen am häufigsten gekaufte Gericht ist erst einmal in ganz Indien verboten. Erstmals seit der Einführung im Jahr 1983 muss der Nestlé-Konzern seine beliebten Maggi Instantnudeln aus Hunderttausenden von Supermärkten, Kramläden und Verkaufsbuden zurückholen. „Unser Produkt ist sicher für den Konsum“, behauptet der Schweizer Konzern trotz zunehmender Empörung in Indien, „aber angesichts der Kontroverse haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen.“

Indien-Veteran Nestlé, der seit 1912 den Markt des Subkontinents mit Büchsenmilch über Muttermilchersatz bis zu Flaschenwasser oder Instantnudeln überschwemmt hat, kooperiere mit den Behörden, versicherte Nestlé-Chef Paul Bulcke am Freitag (05.06.2015). Diesen Versicherungen traut offenbar aber keiner mehr. Ein Gericht hat mehrere Bollywood-Stars verwarnt: Wer für schädliche Produkte wirbt, kann in Mithaftung genommen werden. Die Stars hatten die mahlzeitgerechten Packungen als „gesunde“ Nahrung gelobt, obwohl die Instantnudeln nun wirklich nur in die Kategorie „Fast Food“ gehören. Nestlé geht wohl davon aus, dass sich der Medienrummel um das Produkt bald verzieht und nimmt Verkaufseinbußen hin.

Instantnudeln finden in ganz Asien zunehmenden Absatz. In Thailand sind Maggi-Nudeln ein beliebtes Gericht für die Armen. Sie verkaufen sich wie warme Semmeln – aber niemand will eingestehen, dass sie bei jeder Mahlzeit auf den Teller kommen. In Indien sind die 750 Millionen Einwohner des Landes, die täglich weniger als zwei US-Dollar zur Verfügung haben, erleichtert über die günstige Mahlzeit. Die Welternährungsorganisation FAO gab erst in der vergangenen Woche bekannt, dass mit rund 200 Millionen Indern immer noch ein Fünftel der weltweit hungernden Menschen auf dem Subkontinent zu finden sind.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir sehr bald zurück kommen werden“, betonte Nestlé-Chef Bulcke. Zwar hatte der Schweizer Konzern bislang mit der Herstellung von 80 Prozent aller Instantnudeln in Indien das Monopol. Doch das könnte sich nun ändern. Die Teigwaren, die lediglich mit heißem Wasser übergossen werden müssen, erwiesen sich als Verkaufsschlager für gestresste Mütter und Arme.

Doch die Welle, die derweil auf Nestlé zurollt, wird größer. Nach neuesten Berichten will Indien den Schweizer Lebensmittelriesen auf Schadensersatz verklagen. Indische Lebensmittellabore hatten eine teilweise enorme Belastung mit Blei aufgedeckt und zudem kritisiert, der enthaltene Geschmacksverstärker MSG sei nicht wie vorgeschrieben auf den Packungen angegeben.

Inzwischen haben die Schweizer die Herstellung der Fertig-Nudeln in ihrer Fabrik im indischen Nanjangud gestoppt. Nun wollen die Inder auch weitere Schnellgerichte prüfen, beispielsweise von Knorr, Nissin Cup Noodles, Doodles und Ching’s Secret. Nach Berichten indischer Zeitung werde die Lebensmittelaufsicht alle sieben Nestlé-Fabriken in Indien nun in Augenschein nehmen und überprüfen. Immer mehr erweckt die öffentliche Debatte den Anschein von einer Art anti-kolonialen Kampf: So wollen die indischen Zeitungen nun dokumentieren, dass Nestlé Indien jährlich ein Vielfaches der Laborkosten für Maggi-Werbung investiere.

„Einige Fernsehkanäle bauschen das Thema zu einer Schlacht Maggi gegen Indien auf. Dass das Unternehmen in seiner Verteidigung die Möglichkeit nennt, dass indische Labore andere Testmethoden anwenden und deshalb zu anderen Ergebnisse kommen, als Angriff gegen die indischen Fähigkeiten zu betrachten, erscheint etwas übertrieben“, lautet es in einem Kommentar der Times of India. „Die Angst, dass die Welt Indien nicht ernst genug nimmt und dass es eine tiefe Verschwörung gäbe, dieses Land schlecht zu machen, sitzt so dicht unter der Oberfläche, dass die kleinste Provokation sie zum Ausbruch bringt.“






Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Rundschau“, FR-online.de

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