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Afghanistan: Bemalte Panzer als Farbtupfer

Meldung vom 15.01.2016

Künstler in Afghanistan haben es nicht leicht – und doch werden ihre kreativen Ideen mehr benötigt denn je. Grau, hässlich und wüst ist die Landschaft in Afghanistan. Nach vielen Kriegsjahren und vielen Terrorattentaten trägt Kabul ein vernarbtes Gesicht zur Schau. Neda Taiyebi will Farbe und Fröhlichkeit in das öde Stadtbild von Kabul bringen. Sie bedient sich der Dinge, die sie vorfindet – und malt große rote Blüten auf verlassenes Kriegsgerät.

Sie sind Wahrzeichen des Krieges, Signale für Gewalt, Macht und Unterdrückung. Und sie verschandeln das Landschaftsbild Afghanistans. Die verlassenen Militärfahrzeuge der Sowjet-Ära überwuchern Jahre nach dem Krieg die Landschaft und liegen da wie erstarrte Reptilien, unheimlich und furchterregend. Aber einige von ihnen haben eine Aufsehen erregende Mutation durchgemacht; sie leuchten in bunten Farben, kunstvoll gestaltete Motive schmücken sie – damit verlieren sie ihre Bedrohlichkeit.

Bemalt hat sie Neda Taiyebi. Die junge Künstlerin stammt aus dem Iran und lebt seit einem Jahr in Kabul. Nach Europa wäre sie auch gerne ausgereist, sagt sie, aber schlussendlich war es zu teuer. Also entschied sich Taiyebi, in ein näher gelegenes Land zu emigrieren. „Es klingt ironisch, aber nach Afghanistan zu gehen, war einfacher für mich als nach Europa“, sagt Taiyebi. So sehr ihr das Leben in Afghanistan gefällt – Kabul ist, wie sie selbst zugibt, ziemlich eintönig und schwermütig. Es gibt kaum Orte, an denen man sich treffen kann, Cafés muss man suchen. Eigentlich wollte Taiyebi eine Zeitschrift für Kunst ins Leben rufen. Aber dazu benötigt man in Afghanistan Sponsoren – und für ein Nischenthema wie Kunst hat man da wenig Aussicht auf Erfolg.

Doch etwas Besonderes in Afghanistan fiel ihr ins Auge: Immer wieder diese Panzer, die aus der monotonen Gegend ragen. Ein aufrüttelndes Bild, auch für die 28-Jährige. „In fremden Ländern fallen einem oft Sachen auf, an die sich die Einheimischen längst gewöhnt haben. So ging es mir mit den Panzern – ich habe noch nie zuvor so viele Militärfahrzeuge gesehen.“ Also hatte sie den Einfall, sie – in all dem Grau – bunt anzumalen.

Auf einem ihrer bemalten Kunstwerke, das im staubigen Viertel Khair Khana steht, spielen fröhlich Kinder. Einen anderen Panzer auf einem Hügel über Kabul, den Taiyebi mit großen knallgelben Birnen verziert hat, haben mehrere Männer zu einem Sitzplatz zum Teetrinken umfunktioniert. Genau das beabsichtigte die junge Frau – öffentliche Orte der Begegnung zu schaffen, an denen sich die Einheimischen wohlfühlen, reden und ein wenig das Leben genießen können. Mit ihren Motiven, die an Obststände, Küchenschürzen oder orientalische Paläste denken lassen, durchbricht sie die graue Monotonie.

Sie hellt damit die allgegenwärtige düstere Stimmung auf: Immer noch kämpft das Land mit Gewalt und Korruption. Um mit den Taliban ins Gespräch zu treten, ist Kabul auf Pakistan angewiesen. Die aufständischen Taliban sind in zahlreiche Gruppierungen zersplittert, was Verhandlungen erschwert. Und die Regierung bemüht sich, die Auswanderung einzudämmen – vergeblich. Im vergangenen Jahr haben laut dem Magazin Foreign Policy 150.000 Afghanen ihrer Heimat den Rücken zugekehrt. Und noch mehr Auswanderung wird erwartet. Trotzdem will Taiyebi, und das ist der jungen Frau wichtig, mit ihrer Kunst keine Botschaft aussenden. Weder eine politische noch eine feministische: „Die Menschen sollen sich ihr eigenes Bild von meiner Kunst machen – und das darin sehen, was sie sehen wollen.“

Zwar seien Motive wie Blumenranken eher frauentypisch, „das liegt aber daran, dass die Künstlerin eine Frau ist. Und eine, die bunte, grelle Farben mag.“ Unterdrückung ist Neda bisher nicht begegnet. Im Gegenteil: Bei ihrem jüngsten Projekt im Panjshir-Tal nahmen die Soldaten, die sie eskortierten, sogar selbst den Pinsel in die Hand und malten begeistert mit. Ihnen blieben nur noch wenige Stunden, bevor die Dunkelheit einbrach. Da mussten ihre Begleiter mit anpacken – und es machte ihnen offenbar Freude.

Natürlich kann das Bemalen von Panzern nicht völlig neutral sein. „Aber die Menschen in Kabul haben schon genug politische Probleme, da muss ich ihnen nicht auch noch meine Sichtweise aufbürden.“ Taiyebi bezeichnet es statt einer politischen Aktion lieber als Recycling. Mit ihrer Kunst wolle sie den Menschen zu der Erfahrung anregen, dass visuelles Erleben – und Genießen – ein wichtiger Baustein im Leben ist. „Das kann man nach so vielen Jahren Krieg leicht vergessen.“ Bis aus einem Panzer ein freundlicher, farbenfroher Ort der Begegnung wird.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Süddeutsche Zeitung“, sueddeutsche.de

Schlagwörter: Afghanistan, Panzer, Kunst, Künstler, bemalte Panzer, Neda Taiyebi, Krieg, grau, Landschaft, Verwüstung, Kabul, malen, Cafés, Orte der Begegnung, Schönheit, Farben, Militärfahrzeuge, Sowjet-Ära