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Philippinen: Marcos-Sprößling auf seinem Weg an die Spitze

Meldung vom 29.02.2016

Vor 30 Jahren wurde der philippinische Präsident Ferdinand Marcos aus seinem Amt vertrieben. Er hatte das Land ausgenommen und seine Gegner kaltblütig verfolgen und töten lassen. Jetzt erscheint sein Sohn auf der politischen Bühne und etabliert sich mehr und mehr als Favorit für die Wahl zum Vizepräsidenten.

Im Februar 1986 war die Grenze überschritten. Nach 14 Jahren Diktatur setzten sich die Filipinos zur Wehr gegen Unterdrückung und Folter, Ausplünderung, Habgier und Vetternwirtschaft. Und sie setzten Ferdinand Marcos und seine Frau Imelda ab, die das Land zuvor beinahe in den Abgrund manövriert und sich schamlos bereichert hatten.

Die Elite um die Familie Marcos bewegte sich auf den Philippinen wie in einem gigantischen Selbstbedienungsladen: Geld, Gold, Edelsteine und Kunstschätze im Gesamtwert von rund acht Milliarden US-Dollar hat der Marcos-Clan ins Ausland transferiert. Die Gelder wurden bis heute nur zum Teil zurückerstattet. Als im Jahr 1983 Marcos‘ größter Kritiker, der Politiker Benigno Aquino, ins Land zurückkam, wurde er am Flughafen von Manila mit einer Kugel getötet. Und als Marcos drei Jahre später erneut als Sieger aus der Wahl hervorging, hatte er den Wahlausgang so offensichtlich gefälscht, dass seine Landsleute endgültig genug von ihm hatten.

Vier Tage lang tobte eine gewaltige Menschenmenge – unterstützt von der katholischen Kirche des Landes – auf der Epifania dos Santos Avenue (EDSA) in Manila und forderte den Rücktritt des Diktators. Als auch noch Teile des Militärs die Sache der Demonstranten unterstützten, war Marcos am Ende seiner Herrschaft angelangt. Am 25. Februar 1986 ergriffen Ferdinand und Imelda Marcos die Flucht vor den aufgebrachten Menschenmengen. Sie flogen nach Hawaii. Benigno Aquinos Witwe Corazon wurde ins Amt eingesetzt und leitete die Philippinen zurück in eine mehr oder minder stabile Demokratie.

1989 ging das Leben von Ferdinand Marcos in seinem Exil in Honolulu zu Ende. Doch schon 1991 hatte seine Frau Imelda die Unverfrorenheit, auf die Philippinen zurückzukehren. Insgesamt 900 Gerichtsverfahren weltweit wegen Folter, Mordes, Betrugs und Korruption hat sie unbeschadet überstanden. Rechtskräftig verurteilt wurde sie nur einmal in den USA – sie musste eine Geldstrafe entrichten. Ungeachtet dessen schlug Imelda Marcos erneut eine politische Karriere ein. Heute fungiert die mittlerweile 86-Jährige als Abgeordnete im philippinischen Parlament. Tochter Imee verdingt sich als Gouverneurin von Ilocos Norte, der Heimatprovinz des Marcos-Clans. Und Imeldas Bruder Alfred Romualdez sitzt ebenfalls an den Schalthebeln der Macht, er ist Bürgermeister von Tacloban.

„Das politische System auf den Philippinen wird bestimmt durch Koalitionen von Eliteclans, die um die Macht wetteifern. Und da hat die Familie Marcos genauso ihr Netzwerk wie die anderen Clans“, stellt Siegfried Herzog fest, Regionalbüroleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung für Ost- und Südostasien in Bangkok. „Das Netzwerk der Marcos-Loyalisten hat nach Ende der Diktatur weiter existiert und ist auch bei allen weiteren Wahlen in Erscheinung getreten“.

Der Weg zurück in die höchsten Ämter des Staates war dem Clan jedoch bislang nicht gelungen. Doch das könnte sich nun wenden. Denn am 9. Mai gibt es auf den Philippinen Wahlen. Ferdinand „Bongbong“ Marcos, ein weiterer Sohn des Ex-Diktators, geht dabei ins Rennen. Er bewirbt sich für das Amt des Vizepräsidenten – und liegt derzeit in der Wählergunst vorn. Umfragen zufolge hat er bereits zwischen 20 und 25 Prozent der Bevölkerung hinter sich. „Bongbong Marcos hat seine Anhänger bei denjenigen, denen eine starke Führung wichtiger ist als Rechtsstaatlichkeit“, sagt Siegfried Herzog nüchtern. Marcos will das Land autoritär regieren, redet gerne von Stärke, gesellschaftlicher Einheit und unterstreicht das Vorwärtskommen der eigenen Wirtschaft. „Bongbong steht für eine nationalistische Politik, die sich aber auch gegen Minderheiten richten kann.“ So brachte der Marcos-Sprößling, der schon seit 2010 im philippinischen Senat mitwirkt, das zuvor mühsam ausgehandelte Autonomieabkommen mit den muslimischen Moro-Rebellen auf der südphilippinischen Insel Mindanao zu Fall.

Vor allem jüngere Filipinos sind für solche Töne empfänglich. Denn auch nach 30 Jahren Demokratie schwächelt das Land. Die sechs Prozent Wirtschaftswachstum kommen bei den unteren Gesellschaftsschichten nicht an. Die Einkommensunterschiede sind extrem und sorgen für soziale Unruhen. Armut, Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven sind immer noch ungelöste Probleme.

Jedes Jahr gehen rund eine Million Menschen ins Ausland, um einen Arbeitsplatz zu ergattern – mit steigender Tendenz. „Und man darf nicht vergessen: Die Bevölkerung ist recht jung“, betont Siegfried Herzog. „Die meisten Wähler sind erst nach 1986 geboren und haben die Marcos-Diktatur nicht mehr selbst miterlebt. Für junge Leute, die ungeduldig sind, schnellere Veränderungen wollen und verführbar sind für starke Autoritäten, ist jemand wie Bongbong Marcos eine echte Alternative.“

Die neue fatale Wende wird unterstützt durch die Tatsache, dass es bis heute auf den Philippinen keine systematische Aufarbeitung der unter Marcos begangenen Menschenrechtsverletzungen gibt. Das Justizsystem steht auf tönernen Füßen. Fast alle Täter von damals sind straffrei davongekommen. „Es sind noch drei Monate bis zur Wahl. Und Bongbong Marcos liegt jetzt vorne, weil er bekannt ist und das entsprechende Netzwerk besitzt,“ so Herzog. „Aber die Gegenmobilisierung läuft gerade erst an und wird noch deutlich an Fahrt aufnehmen.“ In Manila wurden schon erste Protestkundgebungen gegen den Diktatorensohn abgehalten.




Quelle:  „Deutsche Welle“, dw-world.de

Schlagwörter: Philippinen, Ferdinand Marcos, Diktator, Sohn, Imelda Marcos, Bongbong Marcos, Vizepräsident, Wahl, Diktatorensohn, Elite, Bereicherung, Plünderung, Vetternwirtschaft, Exil, Menschenrechtsverbrechen, Aufarbeitung, Verdrängung, Armut, Jugend, Arbeitsplätze, Emigration, Arbeitsmigranten, Clans, Netzwerke, Manila, Proteste