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Kenia: Der Schatten des toten IT-Chefs – Wahlen drohen zu kippen

Meldung vom 11.08.2017

Die Wahlergebnisse in Kenia sorgen für Aufruhr: Der amtierende kenianische Präsident Uhuru Kenyatta wähnt sich schon im Siegestaumel, doch sein Kontrahent Raila Odinga von der Opposition beschwert sich lautstark, dass die Ergebnisse gefälscht wurden – mit Hilfe der Identität eines Mordopfers.

Dabei hatte diese Mammutwahl, bei der ein neuer Präsident, ein neues Parlament, neue Gouverneure und neue Lokalvertretungen bestimmt werden, so gut begonnen: Nahezu alle der knapp 41.000 Wahllokale hatten am Dienstagmorgen (08.08.2017) pünktlich geöffnet, um die teilweise seit dem Vorabend im Freien campierenden Wähler einzulassen. Das computergestützte, biometrische System zur Identifizierung der Wähler, das bei den letzten Wahlen 2013 noch mit Pauken und Trompeten abgestürzt war, ließ diesmal nichts zu wünschen übrig. Und der einzige Zwischenfall am Wahltag war die Notgeburt eines gesunden Mädchens unmittelbar vor einem Wahlbüro.

Nun darf man bei Wahlen in Afrika nicht immer alles ernst nehmen, was der Wahlverlierer von sich gibt, doch was Odinga im Laufe des Mittwochs an Beweisen für seinen Vorwurf der Manipulation aufdeckte, hatte es durchaus in sich. Sein Oppositionsbündnis National Super Alliance (Nasa) konnte sich offenbar auf einen Informanten in der IT-Abteilung der Wahlkommission verlassen, der Odinga mit zahlreichen internen Informationen füttert.

So konnte die Opposition die Serverprotokolle der Rechner als Beweis vorlegen, aus denen ersichtlich ist, dass eine Person, die der Computer als „Musando“ identifizierte, in das System einzudringen versuchte und ihm dies wohl auch gelang. Von 16 Uhr an wurden am Wahltag laut dem Serverprotokoll jedenfalls große Mengen gespeicherter Daten gelöscht.

Aus dem von Odinga vorgelegten Minutenprotokoll der Servertätigkeit geht zudem klar hervor, dass um 12.38 Uhr am Wahltag ein Algorithmus aufgespielt wurde, der die ständig einlaufenden Ergebnisse aus den Wahlbüros angeblich umging und stattdessen seine eigenen Ergebnisse produzierte – die Kenyatta konstant bei elf Prozent Vorsprung vor Odinga hielten. Für Odinga steht damit fest, dass die vorläufigen Ergebnisse „von einem Computer produziert wurden, der auf Autopilot geschaltet war. Das sind „fake news“.

Der ungefähr drei Tage vor der Wahl ermordete Chris Musando hatte das in Kenia eingesetzte digitale System zur Identifizierung von Wählern und der Kompilation der Ergebnisse zwar nicht erschaffen, wohl aber auf die lokalen Anforderungen zurechtgeschnitten. Als sogenannter „Super User“ verfügte er über weitreichende Administratorenrechte und konnte nicht nur Programme aufspielen, sondern auch Daten löschen.

Er war eine der Schlüsselfiguren, die für die Verhinderung von eventuellen Manipulationen der Wahlergebnisse zuständig war. Gleichwohl hatten sowohl die kenianische Polizei als auch das Innenministerium seinen gewaltsamen Tod heruntergespielt und vertuscht wie ein nebensächliches Ereignis.

Der Chef der Wahlkommission, Wafula Chebukati, versicherte am Mittwoch zunächst noch hochtrabend, die veröffentlichten Ergebnisse seien identisch mit den schriftlichen Bulletins aus den knapp 41.000 Wahlbüros, die vom jeweiligen Leiter des Wahlbüros sowie seinen Beisitzern unterschrieben werden müssen. Auf den Tisch legen konnte er diese Bulletins aber zunächst nicht. Dabei sind diese Schriftstücke die wichtigsten Dokumente der gesamten Wahl. Im kenianischen Wahlgesetz ist festgeschrieben, dass im Falle einer Diskrepanz zwischen den computergenerierten Ergebnissen und den schriftlichen Bulletins immer das Ergebnis der Bulletins mehr wiegt.

Später ruderte Chebukati zurück, gab zu, dass die vorläufigen Ergebnisse „nicht definitiv“ seien und wollte nicht mehr ausschließen, dass Hacker sich Zugang zu seinem Computersystem verschafft haben. Den Vertretern der Präsidentschaftskandidaten wurde am Mittwochnachmittag Einsicht in die Bulletins gewährt, und die Wahlkommission unternahm Anstrengungen, ebendiese Bulletins im Internet zu veröffentlichen. Es wird aber wohl Tage dauern, bis die volle Zahl von 40.883 Schriftstücken im Internet abrufbar sein wird und damit Odingas Vorwürfe entweder bestätigt oder widerlegt werden können.

Zwar bemühten sich Wahlbeobachter der Europäischen Union am Donnerstag noch um Schlichtung, indem sie behaupteten, ihnen lägen bislang keine Belege für eine Manipulation vor. Doch die Vorwürfe der Opposition sind nicht aus der Luft gegriffen und haben berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Wahl aufgeworfen.

In Kisumu am Viktoria-See, einer Hochburg der Odinga-Anhänger, brach am Mittwoch prompt Gewalt zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften aus, bei der Tränengas eingesetzt wurde. In Mathare, einem der großen Slums von Nairobi, wurden zwei Demonstranten von der Polizei erschossen, während das Leben im Rest der Stadt fast zum völligen Stillstand kam, aus Furcht wagte sich keiner mehr auf die Straßen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, faz.net

Schlagwörter: Kenia, Wahl, Wahlmanipulation, Hacker, Auszählung, Wahlbüros, Uhuru Kenyatta, Raila Odinga, Opposition, Wahllokale, schriftliche Bulletins, Server, Serverprotokoll, Super User, Passwörter, Daten, Algorithmus, Chris Musando, Mord, Folter, Wahlkommission, Wahlfälschung