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Ghana: Abschaffung der Sekundarschul-Gebühren - ein revolutionärer Schritt

Meldung vom 18.09.2017

Ghana hat als nur fünftes afrikanische Land südlich der Sahara die Schulgebühren für die Sekundarstufe abgeschafft. Das war eines der Wahlversprechen von Präsident Nana Akufo-Addo, der seit Januar im Amt ist. „Ich habe mich entschieden, in die Zukunft unserer Jugend und unseres Landes zu investieren“, so der ehemalige Menschenrechtsaktivist am Dienstag bei einer Veranstaltung zum Beginn des neuen Schuljahres. Ghana müsse die Einnahmen aus dem Verkauf seiner natürlichen Rohstoffe für die Bildung seiner gesamten Bevölkerung verwenden anstatt zuzusehen, wie sie bei einigen wenigen verblieben. „Nur wenn wir in die Bildung unserer Kinder investieren, werden wir unsere Abhängigkeit von Rohstoffexporten verringern und ein aufstrebendes Land werden.“

Die Afrikanische Union begrüßte den Schritt des Präsidenten. Dies sei ein wichtiger Antrieb für den ganzen Kontinent, den Zugang zu Bildung weiter zu verbessern, hieß es in einer Erklärung. Trotz Fortschritten gebe es in diesem Bereich noch viel zu tun.

Im gesamtafrikanischen Vergleich hat Ghana tatsächlich eine äußerst fortschrittliche Bildungspolitik. Die Schulgebühren für die Primarschulstufe wurden zwar seit der Jahrtausendwende von den meisten Staaten Subsahara-Afrikas abgeschafft, in der sekundären Bildungsstufe bleibt der kostenlose Schulbesuch aber nach wie vor die Ausnahme. Lediglich die ostafrikanischen Länder Uganda, Kenia, Ruanda und Tansania ermöglichen auch den gebührenfreien Besuch von Sekundarschulen; in einzelnen Ländern wie Südafrika und Gambia wurde die Zahlungspflicht wenigstens in bestimmten Regionen oder für bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgehoben.

Dabei ist unbestritten, dass die Abschaffung von Gebühren sich positiv auf die Einschulungsrate auswirkt. In Subsahara-Afrika stieg nach der Einführung des gebührenfreien Primarschulbesuchs die Zahl der Anmeldungen innerhalb weniger Jahre um 20 %. Das Gleiche gilt für die Sekundarschule: In Kenia führte die Abschaffung der Gebühren für diese Stufe im Jahr 2008 dazu, dass sich die durchschnittliche Schulzeit der Gesamtbevölkerung um fast ein Jahr verlängerte.

Wichtiger noch sind allerdings die Auswirkungen solcher „Bildungsgewinne“ auf die Entwicklung der betreffenden Länder. Laut einer in Kenia durchgeführten Studie des amerikanischen Ökonomen Andrew Brudevold-Newman hatten die Reform und die dadurch erhöhte Einschulungsrate in der Sekundarstufe einen deutlichen Einfluss auf die Zukunftsperspektiven der jungen Menschen: Jene, die vom kostenfreien Schulzugang profitiert hatten, fanden deutlich schneller eine qualifizierte Beschäftigung. Bei Mädchen sank zudem die Wahrscheinlichkeit, vor dem 20. Lebensjahr zu heiraten oder schwanger zu werden, um etwa 50 %.

Angesichts dieser Erkenntnisse muss gefragt werden, warum die Schulgebühren für die Sekundarstufe nicht längst auch in anderen afrikanischen Ländern abgeschafft worden sind. Die Gründe dafür mögen vielfältig und je nach Kontext unterschiedlich sein, im Kern geht es fast immer um die Finanzierung. Bereits heute ist das Bildungswesen ein erheblicher Kostenfaktor in den Etats der meisten afrikanischen Staaten. In vielen Ländern hier würde eine Ausweitung des gebührenfreien Schulbesuchs von der Primar- auf die Sekundarstufe den finanziellen Rahmen sprengen.

Das genau befürchten Kritiker auch in Ghana. Man rechnet mit zusätzlichen Kosten von mehr als 100 Mio. Dollar pro Jahr, wenn den jährlich rund 400.000 neuen Schülern der Besuch der weiterführenden Schule gebührenfrei ermöglicht wird.

Das Haushaltsdefizit des westafrikanischen Staates, das sich im vergangenen Jahr auf 10,2 % belief, dürfte damit weiter anwachsen. Angesichts einer Staatsverschuldung von 74 % ist im Land hier und da bereits von einer aufkommenden Schuldenkrise die Rede. Die Idee des Präsidenten, die zusätzlichen Bildungsausgaben mit Einnahmen aus Öl- und Goldverkäufen zu finanzieren, wird zudem durch die anhaltende Flaute bei den Rohstoffpreisen erschwert. Obwohl Ghana als demokratischer Vorzeigestaat Westafrikas gilt , war der Umgang der Regierung mit den Gewinnen aus dem Rohstoffexport bisher alles andere als vorbildlich.

Mit ähnlichen finanziellen Hürden sehen sich auch andere Entwicklungsländer konfrontiert. Nach Angaben der UNESCO haben insbesondere die ärmsten Staaten riesige Finanzierungslücken im Bildungsbereich. Um das von den Vereinten Nationen im Rahmen der „Sustainable Development Goals“ definierte Ziel zu erreichen, bis zum Jahr 2030 allen Kindern und Jugendlichen weltweit den Zugang zu einer Grund- und Berufsbildung zu ermöglichen, sind erhebliche Mehrausgaben nötig. Demnach müssten die jährlichen Bildungsausgaben allein in den Entwicklungs- und Schwellenländern von knapp 150 Mrd. Dollar auf 340 Mrd. Dollar erhöht werden.

Insbesondere in Afrika werden in den kommenden Jahren massive Anstrengungen notwendig sein, um die sehr junge Bevölkerung des Kontinents auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Im weltweiten Vergleich bleiben die afrikanischen Länder südlich der Sahara im Hinblick auf das Bildungsniveau klare Schlusslichter. Über die Hälfte aller Kinder, die keine Grundschule besuchen, leben in Afrika. Und noch immer schließen hier nur knapp zwei Drittel der schulpflichtigen Kinder die Primarschule ab.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Neue Zürcher Zeitung, NZZ Online“, nzz.ch

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