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Global: Weltwassertag – Warum die Nationen zum Thema Wasser lieber einen kühlen Kopf bewahren

Meldung vom 23.03.2018

Am 22. März ist jedes Jahr Weltwassertag. Wasser ist mit Sicherheit eine der wichtigsten Existenzgrundlagen. Und es herrscht in vielen Regionen eine zunehmende Wasserknappheit. Gerade am Weltwassertag wird die Aussage „Die Kriege der Zukunft finden ums Wasser statt“ immer wieder überall zitiert. Doch muss das wirklich so kommen?

Derjenige, von dem das Zitat stammt, Boutros Boutros Ghali, hatte 1985 gar nicht die Kriege der Zukunft im Allgemeinen im Blick, sondern bezog sich ausschließlich auf den nächsten Krieg im Nahen Osten. Der werde ums Wasser ausgetragen werden, nicht um Politik, meinte der ägyptische Diplomat, der später zum UN-Generalsekretär aufstieg. An Boutros Ghali kann sich heute kaum einer mehr erinnern, doch sein Satz von den Wasserkriegen ist bis heute immer wieder präsent.

Er wurde generalisiert zu: „Die Kriege der Zukunft finden ums Wasser statt.“ Das klingt so aufrüttelnd und schlagkräftig. Nun ist inzwischen so viel Zeit verronnen, dass der heutige Zustand der Welt aus der Sicht von 1985 schon die Zukunft ist, dutzende Kriege sind seitdem entbrannt, auch im Nahen Osten – doch kein einziger dreht sich ums Wasser. Konflikte ums Wasser, die kann man natürlich schon wahrnehmen – vor allem immer dann, wenn Staudämme errichtet werden.

Das wirft einerseits Unmut im Staat selbst auf: Da wird wenig Wert auf die Umweltbelastung gelegt, Menschen werden zwangsumgesiedelt. Und es entstehen auch internationale Spannungen: Äthiopien baut einen riesigen Staudamm am Oberlauf des Nils, dadurch gerät Ägypten in Alarmbereitschaft. Die Türkei staut Euphrat und Tigris – das gefällt Syrien und dem Irak überhaupt nicht. Da kocht auch schon mal Ärger hoch, da wird, wie im Fall des Nils, auch mal mit Krieg gedroht, aber am Ende siegt dann doch wieder die Diplomatie. Denn ans Kriegsführen ist kaum zu denken – die meisten Staaten haben meist noch genug andere Probleme.

Viele haben bei dem Thema Wasserkriege auch den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern im Kopf. Auch da brechen gelegentlich Unruhen um Wasser aus, weil einige behaupten, die Ressource wäre ungerecht verteilt. Die Israelis würden pro Kopf mehr Wasser verbrauchen können als Palästinenser. Andererseits sind es gerade die Israelis, die durch neue Technologien und wassersparende Methoden das kostbare Nass generieren und bewahren. Und doch ist das Wasser dort nicht der Hauptauslöser für den Konflikt. Es gibt viele Gründe, weshalb der so genannte Friedensprozess derzeit nicht vorangeht – aber das Wasser gehört nicht dazu. Im Gegenteil: Das Wasser zählt zu den wenigen Themen, über die beide Parteien einigermaßen sachlich verhandeln.

Dadurch soll die Bedeutung des Wassers nicht gering geredet werden. Viele Regionen sind gerade in den letzten Jahren von dramatischen Dürren geplagt worden, zum Teil selbst verschuldet, zum Teil klimatisch bedingt. Wegen der wachsenden Bevölkerung, der steigenden Ansprüche und des Klimawandels muss man damit rechnen, dass sich die Situation vielerorts auch noch verschlimmert, aber nicht alles, worüber sich Länder streiten, mündet automatisch in einen Krieg.

Wenn man sich diese These gedanklich bis zum Ende ausmalt, ergeben sich folgende Szenarien: Angenommen, Ägypten würde tatsächlich in einen Krieg gegen Äthiopien wegen des Staudamms ziehen. Welches Ziel hätte der? Ägypten müsste eine dauerhafte Besetzung Äthiopiens anstreben, um die Kontrolle über den Nil wieder in eigener Hand zu haben. Das wäre jedoch völlig abwegig. Letztlich geht hier mehr die Rechnung auf, die ein israelischer Armeestrategie schon vor Jahren anstellte, als er sagte: „Warum sollte man wegen Wasser in den Krieg ziehen? Für den Preis einwöchiger Kämpfe könnte man fünf Entsalzungsanlagen bauen.“ Das ist schlüssig. Die Erfahrung zeigt, dass selbst in Kriegszeiten die verfeindeten Staaten in Wasserfragen einen kühlen Kopf bewahren.

Auch die Ursache des Krieges in Syrien hat nichts mit dem Klimawandel zu tun. Indien und Pakistan verstrickten sich in mehrere Kriege um Kashmir, aber ihr gemeinsames Wasserabkommen wurde nicht angetastet. Selbst in ihren Auseinandersetzungen haben sie sich das Wasser geteilt. Doch der Mythos vom Krieg ums Wasser ist hartnäckig. Als neue Variante werden die angeblichen klimabedingten Kriege angeführt. So behaupteten britische Forscher vor zwei Jahren, der Bürgerkrieg in Syrien sei auf eine akute Wasserknappheit zurückzuführen, eine klimawandelbedingte Dürre, die zu einer Binnenmigration geführt und am Ende ein Aufbegehren gegen Assad bewirkt habe. Viele Medien und Politiker plapperten das nach.

Doch eine genauere Überprüfung zeigte schnell, dass der Zusammenhang zwischen Dürre und Bürgerkrieg an den Haaren herbeigezogen war. Die Kriege der Gegenwart drehen sich um Macht und militärische Kontrolle, um Öl, Diamanten und seltene Erden. Auch religiöse Konflikte sind an der Tagesordnung. Doch Wasser spielt dabei selten eine Rolle.

Denn Wasser hat in der Regel keinen ideologischen Hintergrund, Wasser ist kein Prestigeobjekt, aus Wasser schlagen manche sicherlich Profit, aber nicht so einen großen, dass sich Kriege dafür lohnen. Das heißt nicht, dass es einen Nebensache ist. Aber das ist vielleicht der springende Punkt: die Abhängigkeit vom Wasser ist viel zu groß, Wasser ist viel zu wichtig, als dass man im Ringen darum seine Kräfte in Kriegen vergeudet.




Quelle: „SWR“, www.swr.de

Schlagwörter: Globale Projekte, Wasser, Ressource, Krieg, Konflikt, Dürre, Klimawandel, Wasserknappheit, Nil, Staudamm, Umwelt, Hunger, Zwangsumsiedlung, Entsalzungsanlagen, Weltwassertag, Boutros Boutros Ghali