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Somalia: Krieg und Maskerade

Meldung vom 15.06.2018

In Somalia wird verdeckt gekämpft. Eingesetzt werden Drohnen und maskierte Sondereinheiten – niemand übernimmt die Verantwortung für zivile Opfer. Um das Land ist es allerdings auch schlecht bestellt – erst seit 2012 gibt es wieder eine international anerkannte Regierung. Weite Teile des Landes beherrscht immer noch die Al-Schabaab-Miliz. Sie übt blutigen Terror aus, mit dem Ziel, einen sogenannten islamischen Gottesstaat zu schaffen. Regelmäßig verbreitet die Terrorgruppe Schrecken durch schwere Anschläge. Nur mühsam kommt der Drohnenkrieg der USA in Somalia dagegen an.

Die Kinder spielen unbefangen zwischen den Wellblechhütten, sie haben sich halbwegs mit den Umständen abgefunden. Isha Abdule Isaaq dagegen kann sich immer noch nicht damit anfreunden, dass sie jetzt in einem Flüchtlingslager lebt, obwohl sie schon seit vier Wochen hier Unterschlupf gefunden hat. Die Enge in dem Lager in der somalischen Hauptstadt Mogadischu macht der Bäuerin immer noch zu schaffen, vor allem die Enge und stickige Hitze in der Wellblechhütte, in der sie jetzt haust. Gleichzeitig ist sie dankbar, dass sie immerhin Zuflucht gefunden hat: Andere Flüchtlinge sind in ihrer Hütte enger zusammen gerückt, damit Isaaq und ihre Familie noch Platz haben.

„Ich bin von zu Hause geflohen, weil man Mann getötet wurde. Er war derjenige, der die Familie ernährt hat, er hat auf dem Feld gearbeitet, das wir gepachtet haben. Nach seinem Tod wusste ich nicht, wie ich die Familie durchbringen soll. Ich ziehe die vier Kinder meines verstorbenen Bruders auf, sie sind noch klein und können mir nicht helfen. Ich hatte gehofft, dass in dem Flüchtlingslager Lebensmittel verteilt würden, aber wir kriegen nichts“, berichtet sie.

In Somalia sind landesweit etwa 800.000 Menschen auf der Flucht: Die Gründe sind viele – Hunger, Dürre, Überschwemmungen und Krieg. Allein 5.000 von ihnen sind in dem Lager „Malable“ – auf Deutsch „Honig“ – untergekommen, genauso wie Isha Abdule Isaaq. Ihr Mann wurde vor vier Wochen in ihrem Heimatdorf Bariire getötet, etwa 60 Kilometer von Mogadischu entfernt.

Die Kämpfe fingen am frühen Morgen an, wir waren um diese Zeit noch zu Hause. Wir hörten die Schüsse und sahen die Soldaten im Dorf. Sie waren mit grauen Militärhubschraubern gekommen. Ein Querschläger traf meinen Mann in den Kopf. Er war sofort tot.“

Die Soldaten waren vermummt, es handelte sich ganz offensichtlich um geheime Kriegsführung. „Sie trugen Gesichtsmasken, aber ihre Hände waren nicht bedeckt. Es waren weiße und schwarze Soldaten.“ An den Hubschraubern konnte Isaaq keine Hoheitszeichen erkennen. Vielleicht gab es keine, vielleicht hat die 56-Jährige sie einfach nicht erfassen können. Vermutlich drehte es sich bei den Weißen um US-Amerikaner, denn die USA sind derzeit die einzige westliche Nation, die in Somalia mit Kampftruppen operiert. Das US-Militär hat im November eingeräumt, mit 500 Soldaten in Somalia präsent zu sein. Bariire ist eine Hochburg der islamistischen Al-Schabaab-Miliz.

Die Präsenz einer 22.000–köpfigen afrikanischen Eingreiftruppe namens AMISOM konnte die Al-Schabaab-Miliz zwar zurückdrängen, brechen konnte sie sie aber bisher noch nicht. Die USA sind mit von der Partie. Das US-Militär führt in Somalia schon seit einigen Jahren einen regelrechten Drohnenkrieg gegen die Extremisten, als Teil ihres internationalen Krieges gegen den Terror. Die somalische Armee werde in die Operationen gegen die Islamisten eingeweiht oder daran beteiligt, sagt Abdulaziz Ali Ibrahim. Er ist Sprecher des somalischen Innenministeriums.

„Wir werden vor jeder Aktion informiert. In einigen Fällen haben wir das US-Militär um eine Intervention gebeten – nicht durch den Einsatz von Bodentruppen, sondern durch Luftschläge. Dabei setzen sie natürlich keine Kampfjets ein, sondern Drohnen.“ Der Anti-Terrorkrieg aus der Luft wird von Bodentruppen begleitet. „Am Boden kämpft die somalische Armee. Unsere Soldaten führen die Angriffe gegen die Al-Schabaab-Miliz aus.“

Allerdings hat die Bäuerin Isaaq von Weißen gesprochen, die bei dem Angriff auf ihr Heimatdorf Bariire dabei waren. Andere Augenzeugen oder Überlebende von Angriffen berichteten ebenfalls, sie hätten vor Ort weiße Soldaten gesehen.

Das Gleiche wurde auch bei einer früheren Militäraktion in Bariire wahrgenommen, die sich Ende August letzten Jahres abspielte. Damals besetzten somalische Soldaten und eine Handvoll US-amerikanische „Special Operators“ ein Gehöft und erschossen zehn Menschen. Unter den Toten waren drei Jungen im Alter zwischen acht und zehn Jahren. Die somalische Regierung wollte zunächst nicht zugeben, dass es zivile Opfer gegeben habe, musste es aber später doch einräumen. Angehörige transportierten die Leichen der Opfer aus Protest nach Mogadischu. Auch die US-Kommandozentrale für Afrika (Africom) bestätigte später die gemeinsame Aktion von US-amerikanischen und somalischen Soldaten.

Der somalische Präsident Abdullahi Mohamed Farmajo bezog Stellung zu den zivilen Opfern: „Es ist wirklich bedauerlich, dass bei solchen Angriffen Zivilisten verletzt werden. Aber ich weiß ganz sicher, dass die USA alles tun, was in ihrer Macht steht, um zu verhindern, dass Zivilisten zu Schaden kommen.“

Die somalische Bevölkerung hat da womöglich eine andere Wahrnehmung. So schworen die Clan-Ältesten von Bariire Rache für den Angriff vom vergangenen August – der somalischen Regierung und deren Verbündeten. Die Clan-Ältesten haben ihren Worten vermutlich Taten folgen lassen und sich für ihren Vergeltungsschlag mit der Al-Schabaab-Miliz verbündet. Jedenfalls haben somalische Ermittler mehrere Indizien gefunden, dass der bislang verheerendste Anschlag in Somalia eine Racheaktion für den US-Militäreinsatz und die zivilen Opfer von Bariire war. Bei der Detonation einer LKW-Bombe im Zentrum von Mogadischu wurden am 14. Oktober weit über 500 Menschen in den Tod gerissen, hunderte weitere verletzt. Nach Erkenntnissen der somalischen Sicherheitskräfte kam der Fahrer des sprengstoffgeladenen LKWs aus Bariire.

Abdulaziz Ali Ibrahim, der Sprecher des somalischen Innenministeriums, sieht in dem Anschlag aber vor allem eine Bestätigung dafür, dass der Kurs seiner Regierung der richtige ist. „Wir haben gegen Al-Schabaab gekämpft, und wir kämpfen immer noch gegen sie. Wir wollen erreichen, dass es nie wieder solche furchtbaren Anschläge gibt. Wir haben in der Region Lower Shebelle bereits einige ihrer Lager und Verstecke zerstört und ich hoffe, dass wir die Miliz bald völlig besiegen werden.“

Das ist erst einmal nur eine Behauptung. Die somalische Regierung ist politisch und militärisch immer noch instabil. Die somalische Regierung ist im Kampf gegen die Terrormiliz höchstens der „regionale Junior-Partner“ des US-Militärs unter dem Kommando von Präsident Donald Trump.

„Präsident Trump überträgt der CIA deutlich mehr Befugnisse, Drohnenangriffe auszuüben, als sie das bisher hatte. Das wird vermutlich einen Machtkampf zwischen der CIA und dem Pentagon auslösen.“ Das veröffentlichte der Fernsehkanal der US-amerikanischen Tageszeitung Wall Street Journal schon im März 2017. „Die Befugnisse, die Trump der CIA gegeben hat, verändern grundlegend die institutionellen Rahmenbedingungen des Drohnenkrieges, die von der Obama-Administration festgelegt wurden.“

US-amerikanischen Medien zufolge erweiterte Trump außerdem das Mandat für den Einsatz von Kampfdrohnen außerhalb konventioneller Schlachtfelder. Nun dürfen auch mutmaßliche Islamisten mit Drohnen getötet werden, die nur in den Verdacht geraten sind, Mitglied einer Terrorgruppe zu sein, die sich also nicht als Führungsfiguren hervorgetan haben oder als hochgefährliche Spezialisten mit besonderen Fähigkeiten. Menschenrechtsgruppen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, bemängelten im März, dass die Trump-Administration die neuen Standards ihrer Kriegsführung nicht publik macht.

Eines steht fest: US-amerikanische Drohnen werden in Somalia immer häufiger zum Töten eingesetzt. Nach eigenen Angaben hat das US-amerikanische Militär allein 2017 über 30 Drohnenangriffe angeordnet, mehr als doppelt so viele wie 2016. Diese Zahl entspreche nicht der Wahrheit, meint die britische Tageszeitung The Guardian. Die Redaktion überprüfte alle öffentlich zugänglichen Daten und bezifferte 34 Drohnenangriffe allein in der zweiten Hälfte des Jahres 2017. Ein drastischer Anstieg.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Deutschlandfunk“, dradio.de

Schlagwörter: Somalia, Krieg, Drohnen, Drohnenkrieg, verdeckte Kriegsführung, Spezial-Einheiten, Masken, Vermummte, Al-Schabaab, Al-Shabab, Terrormiliz, Islamisten, USA, Donald Trump, Operation, Militär, Soldaten, Bariire, Mogadischu, Racheakt