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Kenia: Tumult in der Regierung – Vizepräsident soll abgesetzt werden

Meldung vom 09.10.2024

In Kenia ist Tumult in der Regierung ausgebrochen. Vizepräsident Rigathi Gachagua droht eine Amtsenthebung. Nach blutigen Unruhen hängt die gesamte Regierung in einer Schieflage.

Monatelang musste Kenias Regierung eine wütende Jugendprotestbewegung auf den Straßen niederringen – jetzt muss sie sich mit innerparteiischen Streitigkeiten auseinandersetzen. Kenias Parlament bearbeitet einen Antrag, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Vizepräsident Rigathi Gachagua einzuleiten. Nachdem am 1. Oktober das Parlament die Zulässigkeit dieses Antrags befürwortete, schien seine Annahme klar: 291 der 349 Abgeordneten haben ihn unterzeichnet – weit mehr als die zu seiner Annahme nötige Zweidrittelmehrheit von 233 Stimmen.

Eingereicht wurde der Antrag vom Abgeordneten Mutuse Mwengi, dessen Kleinpartei MCC (Maendeleo Chap Chap Party) zur Parteienallianz Kenya Kwanza von Präsident William Ruto zählt. Zu Rutos Lager gehören die meisten Befürworter der Amtsenthebung von Gachagua. Damit zerreißt es Rutos Regierungskoalition auf dramatische Weise, die 2022 die Wahlen gewann.

Die Vorwürfe gegen Gachagua sin mannigfaltig: Verfassungsbruch, Untergraben der nationalen Einheit, Anstacheln zum ethnischen Hass und Bereicherung. Man beschuldigt ihn, in den zwei Jahren seiner Vizepräsidentschaft Besitztümer im Wert von rund 36 Millionen Euro angehäuft zu haben, zumeist Hotels, während er als Vizepräsident ein Jahresgehalt von umgerechnet knapp 85.000 Euro erhält.

Gachagua verwehrt sich gegen die Vorwürfe und behauptet, er habe die Hotels geerbt. Er erhebt seinerseits gegen Ruto massive Beschuldigungen. Manchen Unterstützern des Präsidenten zufolge hat der Vizepräsident sogar die Massenproteste der „Generation Z“ für einen Rücktritt des Präsidenten angestachelt, mit denen Kenia im Juni und Juli konfrontiert war, und die mehrere Dutzend Tote zur Folge hatten.

Zuletzt kritisierte Gachagua, Ruto habe ihn aus seiner Whatsapp-Gruppe verbannt und verweigere ihm eine Pension für den Fall seines freiwilligen Rücktritts. Vor der Presse lehnte er bislang einen Rücktritt ab und versicherte, er werde „bis zum Ende“ kämpfen.

Es sei „ein beispielloser Moment für unsere Demokratie“, erklärte Parlamentspräsident Moses Wetangula. Das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Nairobi wurde von Sicherheitskräften umstellt, als Vorbeugung für mögliche Unruhen. Am Wochenende war Gewalt ausgebrochen, nachdem die Aufrufe zur Amtsenthebung Gachaguas auf öffentlichen Versammlungen kundgegeben wurden, um dafür Unterschriften zu sammeln und den Druck auf die Abgeordneten zu verstärken. Im Touristendorf „Bomas of Ken­ya“ in Nairobi gab es Schlägereien zwischen Ruto- und Gachagua-Anhängern. In mehreren Landesteilen brach Gewalt aus, etwa in Nyeri, wo Demonstranten die Fernstraße zustellten, ebenso in den Städten Kakamega, Nakuru und Nyahururu.

Inzwischen fragen sich viele Menschen in der Bevölkerung, ob man vielleicht einfach beide amtsentheben könnte? Wenn schon, dann solle man sich nicht nur von Vizepräsident Gachagua verabschieden, sondern auch von Präsident Ruto gleich mit. Das forderten beispielsweise Gachagua-treue Demonstranten in Nyeri – schließlich wurden sie 2022 auf einem gemeinsamen Ticket gewählt. Dieser Meinung sind auch viele derer, die im Sommer demonstrierend durch Kenias Straßen gezogen waren.

Aktivist Morara Kebaso, Gründer der neuen Partei Inject (Inclusion of National Justice Economic and Civic Transformation), meint: „Wir wollen das Haus besenrein fegen und wir lassen doch nicht den Hausherrn drin.“ Kebaso bemühte sich vergeblich, sich mit dieser Meinung im Bomas of Kenya Gehör zu verschaffen. „Erst wurde ich am Tor abgewiesen, und als ich endlich hineinkam, verweigerte man mir das Mikrofon“, erzählt er. „Chaos brach aus.“ Kebaso musste auf der Bühne fliegenden Stühlen ausweichen.




Quelle: Gebende Hände-Redaktion; nach einer Information von: „Die Tageszeitung“, taz.de

Schlagwörter: Kenia, Amtsenthebung, Vizepräsident, Unruhen, Gewalt, Demonstrationen, Jugendproteste, Rigathi Gachagua, William Ruto, Präsident, Regierung, Koalition, Regierungskrise